Cantus Arcticus op. 61 „Concerto for Birds and Orchestra“

1. Satz „Das Marschland“
2. Satz „Melancholie“
3. Satz „Ziehende Schwäne“

 

Einojuhani Rautavaara steht für eine eigenständige finnische Komponistengeneration im Anschluss an die große Vaterfigur Jean Sibelius. Dass es ausgerechnet Sibelius war, der Rautavaara 1955 ein Studium in den USA ermöglichte, wirkt wie ein früher Ritterschlag. Zugleich war das Studium für den jungen Komponisten ein Befreiungsschlag, kam er doch dadurch erstmals in Berührung mit zeitgenössischen kompositorischen Strömungen bis hin zu Zwölftontechnik und Serialismus. Nach seiner Rückkehr bekleidete Rautavaara selbst wichtige Positionen im finnischen Musikleben und wirkte zuletzt 15 Jahre als Kompositionsprofessor an der Sibelius-Akademie in Helsinki, nun seinerseits zu einer Vaterfigur geworden.

1972 schrieb er sein international wohl erfolgreichstes Stück, ein als „Cantus arcticus“ betitelte „Konzert für Vogelstimmen und Orchester“. Ähnlich wie in Respighis „Pini di Roma“, aber doch viel raffinierter werden die Vogellaute dem Orchestersatz vom Band zugespielt. Rautaavara verwebt die beiden Klangbereiche so geschickt, dass der Hörer den Eindruck einer bruchlosen Ganzheit erhält. Musikalisch „sieht“ der Hörer die Vögel gewissermaßen wie in einem Film ohne Bilder vor seinem inneren Ohr vorüberziehen. Mitunter entsteht dabei ein naturmystisches Element, das diesen Cantus in die große Verbindungslinie zwischen Natur und Musik einfügt, die schon die Sinfonik Sibelius geprägt hat.

Der erste Satz hat die Vögel des küstennahen Marschlandes zum Thema. Zwei einsame Flöten eröffnen ohne jegliche Begleitung, immer weitere Blasinstrumente treten hinzu, bis am Höhepunkt der getragenen Streichermelodie die Vogelstimmen selbst zu „Wort“ kommen. Der zweite Satz ist von den verfremdeten Klängen der „Ohrenlerche“ beherrscht, deren Gesang sich ebenfalls über einem Teppich der gedämpften Streicher erhebt. Harmonisch ist interessant, dass diese Musik zwar scheinbar tonal klingt, aber über keinen eigentlichen Grundton verfügt. Der dritte Satz verwendet die Laute von Singschwänen. Auf ihre durchdringenden Rufe antworten die Blasinstrumente aus dem Orchester. In die weihevolle Stimmung eines Chorals bläst die Trompete eine große Kantilene. Das Ende ist der Celesta vorbehalten: Wie Lichtreflexe auf einem Gefieder verliert sich ihr Glitzern in der Ferne.