„Mozart und Händel“

Ich gehe alle Sonntag um 12 Uhr zum Baron van Swieten, und da wird nichts gespielt als Händel und Bach.“ (Brief an den Vater vom 10. April 1782). Mozart schreibt in diesem Bericht weiter, dass er sich eine Sammlung von Fugen von Johann Sebastian Bach, seinem ehemaligem Salzburger Kollegen Johann Ernst Eberlin sowie von Georg Friedrich Händel anlegen möchte. Knapp zwei Wochen später berichtet er bereits seiner Schwester Maria Anna über die Entstehung einer eigenen Fuge mit der Köchelverzeichnisnummer 394: „Baron van Swieten, zu dem ich alle Sonntage gehe, hat mir alle Werke des Händel und Sebastian Bach (…) nach Hause gegeben. – Als die Konstanze die Fugen hörte, ward sie ganz verliebt darein. Sie will nichts als Fugen hören, besonders aber (…) nichts als Händel und Bach.“ Dass Mozart für Konstanze Fugen schrieb, ist ein liebenswertes Detail seines Beziehungslebens. Die Bekanntschaft mit der ästhetisch völlig anders gelagerten Welt der Barockkomponisten bedeutete für Mozart aber einen kompositorischen Blitzschlag. Er, der so gekonnt jeder Erwartung der Hörer entsprechen und jeden Gusto und Stil bedienen konnte, sah sich mit einer Kompositionstechnik konfrontiert, deren oberstes Ziel gar nicht in erster Linie das Gefallen des Publikums, sondern die artistische Perfektion war. Das muss für den, um öffentliche Anerkennung ringenden Mozart ein ästhetischer Keulenschlag gewesen sein.

Die Musik Händels war Mozart offenbar besonders wichtig. Er muss von Händels Kraft und Innigkeit starke Impulse empfangen haben. Die Verbindung mit der Musik Händels intensivierte sich in der Folge, indem ihm Gottfried van Swieten nicht nur Einblicke in die Werke des Barockgenies eröffnete, sondern bei Mozart vor allem auch mehrere Bearbeitungen der Werke Händels in Auftrag gab. Darunter befand sich auch Adaption des „Messias“, den Mozart an die Hörgewohnheiten des damaligen Publikumsgeschmacks anpassen sollte. Zu diesem Zweck führte Mozart unter anderem Klarinetten in die Partitur ein – ein Verfahren, das eine moderne historische Aufführungspraxis wohl als „Blasphemie“ brandmarken würde. Andererseits wurde auch der Text auf Deutsch übersetzt, was zu einer besseren Verstehbarkeit des Inhalts beitragen sollte. Der Grund für den Auftrag ist im Bemühen van Swietens zu suchen, die unter Joseph II. in Misskredit geratene Kirchenmusik wieder zu ihrem angestammten Ansehen zu verhelfen. Dafür hatte der rührige Diplomat in Wien eine eigene Gesellschaft, den „Verein der Assoziierten“ gegründet. Dass van Swieten als Librettist der Oratorien „Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“ auch für Joseph Haydn eine überragende Rolle spielte, bestätigt die Bedeutung dieses großen Anregers und Förderers ein zweites Mal.

Zur Seite gestellt wird Mozarts Messias-Fassung in diesem Kirchenkonzert seinem eigenen unvollendeten „Requiem“ in der Version seines Schülers F.X. Süßmayr. Mit dem Salzburger Domchor unter der Leitung von Domkapellmeister Janos Czifra konnte die Bad Reichenhaller Mozartwoche einmal mehr jenes Ensemble verpflichten, das an Mozarts früherer Wirkungsstätte die Werke des Salzburger Meisters bis zum heutigen Tag pflegt und hütet.