Sinfonie Nr. 2 in C-Dur op. 61

1. Sostenuto assai – Allegro ma non troppo
2. Scherzo. Allegro vivace
3. Adagio espressivo
4. Allegro molto vivace

Der C-Dur-Schein täuscht: Robert Schumanns zweite Sinfonie ist mitnichten ein einfaches, heiteres Werklein. Der finale Triumph ist mühsam erkämpft und vielfach gebrochen. Als sich Schumann 1845 an die Komposition machte, hatte er eine schwere Nervenkrise hinter sich, erste Anzeichen einer Geisteskrankheit, die in völliger geistiger Umnachtung enden sollte. „Ich skizzierte sie, als ich physisch noch sehr leidend wa, ja, ich kann wohl sagen, es war gleichsam der Widerstand des Geistes, der hier sichtbar influiert hat und durch den ich meinen Zustand zu bekämpfen suchte.“ Wie bei Beethoven tritt auch bei Schumann die Musik als Retterin auf. Sie befreit aber nicht nur aus seelischer Krisis, sie macht diese Krise sogar noch künstlerisch fruchtbar: Der Geist entzündete sich, wie so oft, an einer Ausnahmesituation.

Eine gedehnte Einleitung steht am Beginn. Im Pianissimo heben die Trompeten und Hörnern mit einer einprägsamen Fanfare an. Gezackte Figuren in der ersten Violine kündigen den Hauptsatz an, dessen punktiertes Thema ganz der Sphäre des ritterlichen „Florestan“ angehört. Der Höhepunkt des Satzes liegt in den ungeheuren harmonischen Verdichtungen, die sich in der Durchführung gewittergleich entladen. Die Dramatik gipfelt wie in Beethovens Eroica in scharfen Sekundreibungen. Das fünfteilige Scherzo zeigt sich mit seinen durchgehenden Sechzehntelläufen als eine Art „perpetuum mobile“, das von zwei Trios unterbrochen wird. Der langsame Satz führt wieder in die düstere Welt von c-Moll. Eine unsagbar klagende Melodie schwingt über leidenden Begleitsynkopen weit aus. Ganz Beethoven verwandt ist das Fugato in der Satzmitte, über dessen Sechzehntelmotorik sich noch einmal der bekannte Klagegesang legt. Das Finale greift die punktierte Motivik des ersten Satzes wieder auf, wirkungsvoll im Seitensatz kontrastiert von den fallenden Intervallen, die wir bereits aus dem Adagio kennen. Wieder schwankt die Musik entscheidungslos zwischen Dur und Moll. Ein einfaches Thema, das auf die Worte „Dona nobis pacem“ passen könnte, gewinnt an Wichtigkeit. Immer dringlicher wird sein Ruf, bevor plötzlich die Einleitung des ersten Satzes wiederkehrt: In einer ungeheuren Zusammenfassung vereinigt Schumann in der Coda die verschiedensten Elemente zu einem Ganzen. Der Fanfarenschluss gehört am Ende ganz den Blechbläser.

Schumann hatte die Sinfonie für das Leipziger Gewandhausorchester geschrieben. Bei den Proben war er ungewöhnlich gereizt und zerstritt sich beinahe mit seinem Freund Felix Mendelssohn-Bartholdy, der die Uraufführung am 5. November 1846 leiten sollte. Unter diesen schlechten Vorzeichen nimmt es nicht wunder, dass das Werk durchfiel. Schumann entschloss sich zu Kürzung und Umarbeitung und widmete die Sinfonie in dieser endgültigen Form 1847 dem König von Schweden und Norwegen Oscar I. Sein Dank: eine große Medaille in Gold.